Gemeinsam mit Julian Schneider, einem befreundeten Naturfotografen, ging es Ende August zu den Bergen der Mieminger Kette. Schon länger waren wir der Hoffnung einmal einen guten Sternenhimmel in den Bergen fotografieren zu können, was jedoch immer an schlechtem Wetter oder einem passenden Zeitpunkt für die gemeinsame Tour gescheitert war. Eines vorweg: Auch diesmal sollte uns das Wetter nicht gnädig gestimmt sein. Nachdem wir das im Vorfeld bereits wussten waren wir jedoch gut auf die Situation eingestimmt und hatten uns außnahmsweise für die Nacht in einer Hütte einquartiert mit dem Plan vorwiegend über den Tag hinweg unsere Bilder zu machen. Unser Ziel war somit die Coburger Hütte. Von Ehrwald aus ist diese Schutzhütte der DAV Sektion Coburg sehr gut zu erreichen. Sie kann sowohl über einen moderaten Klettersteig als auch eine bestens ausgebaute Zufahrtsstraße, die über die Ehrwalder Alm und den Seebensee führt, erreicht werden. Unser Aufstieg führt uns vom großzügigen Parkplatz der Ehrwalder Almbahn über den direkten Weg mit kurzem Klettersteig zunächst vorbei an der Seebenalm bis zum Seebensee, welcher sich uns in eher tristem Grau zeigt. Der Seebensee liegt unter einer Wolkendecke, die den Blick auf unser Tagesziel, die Coburger Hütte verdeckt. Der weitere Aufstieg zur Coburger Hütte verläuft in engen Serpentinen und wird durch hohe Stufen und Geröll etwas erschwert. Mit unserem voll bepackten Kamera-Equipment haben wir es uns auf diesem Abschnitt nicht leicht gemacht. Dabei sind neben dem Weitwinkel und einem Stativ für Landschaftsaufnahmen sogar die größeren Teleobjektive und Julian trägt - die Hoffnung auf ein mögliches Aufklaren des Himmels noch nicht völlig aufgegeben - zudem die Sternnachführung mit den Berg hinauf, ein Gerät welches die Sternbewegung mittels Schrittmotor ausgleicht und damit gestochen Scharfe Sternenbilder auch bei Langzeitbelichtungen ermöglicht. Nach einer guten halben Stunde erreichen wir die auf 1912 Metern Höhe gelegene Coburger Hütte. Von hier aus haben wir nicht nur einen wundervollen Blick auf den rund 250 Meter tiefer liegenden Seebensee, sondern sind zudem direkt am nur wenige Meter entfernt gelegenen Drachensee, welcher mit seinem smaragdgrünen Wasser wie aus dem Märchen in der hochalpinen Landschaft eingebettet liegt. Als es Abend wird gönnt uns die untergehende Sonne ein schwaches Aufleuchten der Wolkendecke. Wofür schleppen wir nun eigentlich das schwere Teleobjektiv (Gewicht von über 3 kg!) mit den Berg hinauf? Die Antwort sind die zahllosen Tiere der hochalpinen Alpen wie Murmeltiere, Alpendohlen, Gämse etc. Von Gämsen können wir zwar mehrere Gruppen beobachten, finden jedoch kein passendes Licht und keine gute Möglichkeit auf Fotodistanz an die Tiere heranzukommen. Mit den Alpendohlen haben wir dafür mehr Erfolg. Mir gefällt besonders die Form ihrer Flügel und im akrobatischen Seegelflug wird ihr fleddriges Federkleid besonders deutlich. Wie ein Schatten segeln die Pech-schwarzen Vögel am Horizont. Es ist zwar noch August, doch es ist bereits kalt geworden und ein frischer Wind geht über die Gipfel auf knapp 2000 Meter Höhe. Erster Schnee beginnt zu fallen. Das wechselhafte Wetter mag uns den Sternenhimmel in der Nacht verwehrt haben, doch jetzt zaubert es uns im Minutentackt wundervollste Lichtstimmungen und die dicken Schneeflocken schaffen für die schwarzen Dohlen eine ganz außergewöhnliche Kulisse - gerade mit dem Drachensee als blauen Hintergrund. Für mich müssen es auch nicht immer außergewöhnlichste Tiere oder exklusivste Lichtstimmungen sein um mich glücklich zu machen. Oftmals freue ich mich schlicht daran dokumentativ stimmige Bilder machen zu können. Die Schafe welche entlang der Bergflanken grasen sind für mich auf dieser Tour so ein Fall. Sie gehören ohne Zweifel untrennbar zu dieser Gegend und man wird die Coburger Hütte nicht erreichen ohne von dem Klingeln ihrer Glöckchen begleitet zu werden. Die Nacht bricht herein und das Wetter macht keine Hoffnung auf Sternenbilder. Dick liegt der Nebel im Tal und schwer die geschlossene Wolkendecke am Himmel. Es fängt an in Strömen zu regnen und wir sind froh uns für die wohlig warme Unterkunft in der Coburger Hütte entschieden zu haben. Wolken und wechselhaftes Wetter sind in den Bergen exzellente Bedingungen für stimmungsvolle Bilder. Für mich habe die rauen, schroffen Gipfel etwas majestätisches. Sie lassen einen klein und ausgesetzt erscheinen und thronen teils schier unbezwingbar empor. Zwar sind wir hier nur auf 2000 Meter, doch für die Bergfotografie spielt die absolute Höhe nicht unbedingt eine Rolle, eher die relative Differenz von Standpunkt zu Gipfelhöhe sowie die richtige Perspektive. Mit tief hängenden Wolkenbändern die durch die Gipfel ziehen wird die imposante Bergszenerie noch einmal zusätzlich betont. Ein letztes kleines Geschenk, im wahrsten Sinne des Wortes, flattert uns auf den letzten Metern unserer Rückweges noch vor die Linse: Deutschlands kleinster Vogel - das "Goldhähnchen". Mit 9 cm Körperlänge und einem Gewicht von 5 - 6 g sind Goldhähnchen, die übrigends zur Familie der Meisen gerechnet werden, wahrlich kleine Winzlinge. Sie treten bei uns in zwei Arten auf und zwar dem Sommergoldhähnchen und Wintergoldhähnchen. Beide Arten haben ein graugrünes, dichtes Federkleid und einen schwarzbegrenzten orangefarbenenen Streif auf dem Scheitel. Das Männchen des Sommergoldhähnchens wird deshalb auch "Feuerköpfchen" genannt. Das Wintergoldhähnchen heißt auch "Rotkrönchen". Man kann die beiden am besten anhand eines dicken schwarzen Streifen über den Augen unterscheiden, welchen nur das Sommergoldhähnchen aufweist und der dem Wintergoldhähnchen gänzlich fehlt. In unserem Fall haben wir folglich die Bekanntschaft mit einem Wintergoldhähnchen gemacht. Das Wintergoldhähnchen ist in unseren Breiten ein Standvogel, d.h. er bleibt den Winter über bei uns, wohingegen das Sommergoldhähnchen für die kalten Monate ins südlichere Europa zieht. Gerade einmal 24 h sind zwischen Aufstieg und Abstieg vergangenen und wir nehmen eine Fülle besonderer Momente und toller Begegnungen mit zurück ins Tal. Ein Tag wahrlich gelebten Lebens.
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Rau und kark ist die Landschaft in vielen Gegenden unserer Erde, immer dort wo Wetterextreme dafür sorgen, dass sich keine üppige Flora halten kann. Das Nordwetter macht es vor allem durch die Kälte und die Errosion durch starken Wind für viele Pfanzen und Tiere schwer sich dort anzusiedeln. Fotografisch sind das dennoch Gegenden, welche mir immer wieder besonders gut gefallen. Erst bei einem, mit schweren Wolken verhangenen Tag kommt die Kargheit dieser Landschaften besonders gut zur Geltung und so war ich froh in meinen letzten Tagen in Norwegen auch einmal graue Regenwolken über mir am Himmel ziehen zu sehen.
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