Ich bin zurück in der deutschen Heimat. Die Erinnerungen an die Erlebnisse und die spektakulären Landschaften aus einem halben Jahr Neuseeland sind noch lebendig. Trotzdem zieht es mich schon kurz nach der Rückreise wieder in die Alpen, die ich so sehr mag. Es sind die letzten Spätsommertage und schon bald wird es grau und regnerisch werden. Auch das fotografische Motiv, dem ich auf der Spur bin, wird jetzt bald unter die Erde ziehen um dort seinen Winterschlaf zu halten. Mein Ziel sind die Murmeltiere. Die 30-60 cm großen Nagetiere bevölkern nahezu alle Regionen der Alpen, und sind vorwiegend in höheren Lagen zwischen 1500 und 1800 Metern zu finden, wo sie den warmen Temperaturen entfliehen. Murmeltiere wurden früher stark bejagt um u.a. Pelze zu produzieren. Murmeltierfett findet Anwendung in der Volksmedizin und soll hilfreich sein gegen Husten, Magenleiden, Übelkeit, zur Blutreinigung oder allgemein zur Stärkung; äußerlich gegen Gliederschmerzen, Frostbeulen oder Sehnenzerrung. Selbst wegen ihres Fleisches wurden Murmeltiere früher oft gejagt. Die offizielle Webseite des österreichischen Bundeslandes Tirol warb bis etwa 2011 noch mit der Seitenüberschrift „Murmeltiere – so süüüüß! Und lecker!“ Das Kochrezept wurde gleich mitgeliefert und beworben: „Murmeltierfleisch ist sehr zu empfehlen! Gut zubereitet ist es eine Delikatesse.“ (nachzulesen hier im Webarchiv). Aus zahlreichen Gebirgen Europas war das Murmeltier im Laufe der letzten Jahrhunderte verschwunden. In Gebieten, in denen es auch heute noch eine geringe Population gibt, herrscht oftmals ein ganzjähriges Jagdverbot. Für Almbetreiber können die Murmeltiere zum Ärgernis werden, wenn sich beispielsweise ihr Vieh in den Baueingängen ein Bein bricht oder die Almhütten untergraben werden. Ein Konflikt zwischen Naturschutz und privaten Interessen ist in solchen Fällen vorprogrammiert. Murmeltiere haben neben dem Menschen primär drei natürliche Feinde, vor denen sie ständig auf der Hut sind: den Fuchs, den Uhu und den Adler. Zum Überleben benötigt ein Steinadlerpaar mit einem Jungen etwa 70 Murmeltiere während des Sommers. Um ihrerseits in der offenen Gebirgssteppe zu überleben bleibt den Murmeltieren folglich nur oberste Wachsamkeit und ein schneller Fluchtreflex. Wird einer der Räuber gesichtet, geben die Tiere einen lauten Warnruf von sich und alle Murmeltiere verschwinden im Nu in ihren unterirdischen Bau. Der schrille und durchdringende Pfiff verrät dem Fotografen, wo sich die oftmals sehr scheuen Tiere aufhalten.
Die Bestechung durch Futter sollte jedoch auf ein Minimum begrenzt bleiben. Es ist wichtig, dass die Tiere ihre gewöhnliche Nahrung, nämlich frische Gräser und gesunde Alpenkräuter, essen. Nur so haben sie am Ende des Herbstes gute Chancen durch den harten Alpenwinter zu kommen. Mit Hilfe ihrer kräftigen Vorderbeine graben Murmeltiere Höhlen in den Berg. Ihr Sommerbau dient zum Schlafen und als Schutz vor Fressfeinden. Er ist daher lediglich einen Meter unter der Erde. Anders im Winter, den die Murmel unter der Erde verschlafen. Für ihren Winterbau graben Murmeltiere bis zu sieben Meter tief und verschließen die Ausgänge von innen mit Erde, Steinen und Nistmaterial. Geschützt vor Kälte und Winterstürmen kuscheln sich die Murmeltiere aneinander und gehen in ein Leben in Sparflamme über, bis im nächsten Frühjahr der Schnee abtaut und die Bergwiesen erneut grün werden.
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