Bevor es mit weiteren Bildern aus dem hohen Norden, nämlich Norwegen, weiter geht, kommt an dieser Stelle zur Abwechlung einmal eine kurze Tour in das schöne Allgäu. Auch die Heimat hat viel zu bieten und gerade der alpine Raum braucht sich landschaftlich nicht hinter fremden Ländern zu verstecken. "Wie spontan bist Du?" wollte ich Anfang Juni von Kathrin wissen. Wir hatten uns in Ulm eher zufällig an der Uni kennen gelernt und die Berge schnell als ein gemeinsames Hobby entlarvt. Der Wetterdienst versprach für das Pfingstwochenende viel Sonnenschein und ich wollte noch die ein oder andere Ausrüstung für die Reise nach Lappland und Norwegen unter realen Bedingungen testen und das verlängerte Wochenende draußen in der Sonne verbringen. Trotz Unistress war Kathrin gleich von der Idee eines Abstechers in das Hochallgäu begeistert und so waren wir kurz darauf auch schon nach Oberstdorf unterwegs. Am Parkplatz angekommen wurde zunächst ein letztes deluxe-Essen zelebriert, denn schließlich würden wir die nächsten beiden Tage eher spartanisch unterwegs sein. Wir wollen hoch hinaus und vom Tal aus bis auf das Nebelhorn (2224m) wandern. Die Seealpe auf 1280m ist schnell erreicht, was für uns ein weiterer guter Grund ist, an diesem Punkt den gängigen Weg über das Edmund-Probst-Haus gegen den Aufstieg über das Rubihorn (1957m) und den Oberen Geisalpsee zu ersetzen. Wir hatten zwar eine gemütliche Wanderung mit viel Erholungsfaktor im Sinn, aber der Klettersteig verspricht gewiss spannender zu werden als der klassische Weg. Serpentine für Serpentine schlängeln wir uns den steilen Hang hinauf. "Na Ihr habts ja nen großen Rucksack doabei, doa habts ja noch was Größeres vor!" Schon das dritte Wandererpaar kommt uns vom Rubihorn entgegen und die Reaktion auf unsere großen Tourenrucksäcke ist immer die Selbe: so richtig beneidet uns niemand. Naja wieso schleppen wir auch das Zelt und Schlafsachen sowie die schwere Kamera und Essen für das Wochenende diesen Berg hinauf? Eine klare Antwort auf die Frage findet mein Kopf in jenem Moment nicht, wo der Schweiß unter einer sengenden Sonne von der Stirn rinnt und die Waden langsam heiß laufen. Im Tal hatte die Entscheidung mit Zelt zu laufen noch Sinn gemacht und wir sind uns auch jetzt noch sicher, dass sich die Mühe für die Quälerei lohnen wird. Endlich erreichen wir den Grat des Rubihorns und legen eine verdiente Brotzeit ein. Wieso kamen uns eigentlich so viele Wanderer entgegen und wieso gehen alle wieder den selben Weg zurück? Ist der Klettersteig wirklich so schwer zu passieren? Für uns kommt eine Umkehr jedenfalls nicht in Betracht, denn umkehren können wir schließlich immer noch, wenn es denn wirklich nötig werden sollte. Wir laufen direkt auf dem Bergrücken Richtung Nebelhorn weiter und stehen nun wahrlich über den Dingen. In alle Richtungen breitet sich eine grandiose Aussicht aus und auch das Kraxeln entlang dem Klettersteig stellt für uns kein unüberwindbares Hinderniss da. Einzig die gnadenlos brennende Sonne macht uns Sorgen. Im Eifer des Aufbruchs und dem grandiosen "Startessen", ist doch tatsächlich eine der großen 1.5 Liter Wasserflaschen im Auto zurückgeblieben, mit der Folge, dass wir nun bereits auf halber Strecke von den letzten Wasserreserven trinken. Doch zum Glück waren die heißen Sonnentage noch nicht allzu häufig im Hochgebirge und der Sommer erst in den Startlöchern, womit in den geschützteren Hanglagen noch einige Schneefelder das aufwachende Gras bedecken. Und so dient uns das erste weiße Schneefeld bei unserem weiteren Aufstieg nicht nur zu einer kurzen Abkühlung, sondern auch zum Nachfüllen von Wasser. Nach knapp 7 Stunden und 1411 Höhenmeter Aufstieg erreichen wir den Gipfel des Nebelhorns auf 2224m. Wie erwartet hat uns das schwere Gepäck (dank Kamera sind es 20 kg im Rucksack) etwas ausgebremst. Doch die Aussicht entschädigt für den schweißtreibenden Aufstieg und nachdem die Sonne bereits auf ihrem Weg in Richtung Horrizont unterwegs ist, sind wir die einzigen Wanderer auf dem Gipfel. Nur eine Gamsfamilie springt noch an der Bergflanke entlang. Das kurz unterhalb des Gipfels in der Bergflanke gelegene Edmund-Probst-Haus hat bereits geöffnet und so können wir sogar mit kühlem Gerstensaft anstatt mit fahdem Schmelzwasser auf unser Wanderersglück anstoßen. Ein klein wenig Strecke machen wir schließlich noch und bevor die Sonne untergeht finden wir einen ebenen Platz für die Nacht. Unser Zelt steht sicher mit Blick über die Allgäuer Alpen und der Mond beginnt bereits die umliegenden Gipfel anzuscheinen. Wir haben alle Vorräte vor das Zelt verfrachtet und freuen uns wie Kinder über unser Abendessen unter dem Vollmond. Wann macht man das schon einmal im getakteten Alltagsleben, sein Abendbrot nur im Licht des Mondes zu essen? Eigentlich müsste man das viel öfters machen, wenn das einfache Essen aus etwas Brot, Käse, Wurst und Trockenfrüchten dann immer so gut schmeckt wie ein üppiges Feiertagmahl. Wieso muss Ich auch immer unbedingt ein Bild von allem machen? Der Wecker hat soeben meine viel zu kurze Nacht für beendet erklärt und mich aus dem Schlafsack gerufen. Beim Anziehen der Wanderstiefel beneide ich Kathrin, die lieber noch eine Stunde weiterschläft anstatt den Sonnenaufgang zu begrüßen. Doch letztlich ist es wie mit dem Zelt: Während man Anfangs noch über das extra Gewicht und den zusätzlichen Aufwand innerlich klagt so wird man am Ende für die Strapaze belohnt, sei es mit besonderen Momenten wie ein Abendessen unter Vollmond in der Weite der Berge oder eben besonderen Lichtstimmungen und Details in der Natur, die einem ohne die Kamera und den Blick durch den Sucher verwehrt geblieben wären. Als der Himmel zu leuchten beginnt und ich Zeit habe die Landschaft, die Abends davor noch in blassem Grau lag, zu erkunden, da freue ich mich auf das extra Stündchen Schlaf verzichtet zu haben. Etwas verschlafen aber glücklich gehe ich nach Sonnenaufgang wieder zum Zelt zurück. Unsere weitere Tour für uns Richtung Höfats, dem markanten Berg zwischen dem Dietersbachtal und dem Oytal, über welches wir wieder zurück nach Oberstdorf laufen wollen. Vorbei geht es am Schochen, Laufbachereck, Himmelhorn, dem Prinz-Luitpolt-Haus und dem Großer Wilder. Entlang dieser Route werden wir für die anfangs geleisteten Höhenmeter belohnt und so laufen wir mit moderatem Auf-und-ab in einer beständig hohen Lage entlang der Gebirgsketten und grandiosen Blicken ins Tal. Die Schneefelder haben hier oben teils noch eine erhebliche Größe was für uns umso mehr Freude bedeutet. Nach einer Abkühlung im Schnee packen wir unsere Tourenrucksäcke in die Regenhülle ein, setzten uns auf den Rucksack und ab geht die Post mit unserem improvisierten Schlitten Richtung Tal, was uns einige Höhenmeter Bergablaufen erspart und eine mega Gaudi ist. Nach Abstieg aus dem Reich der Gipfel und Erreichen der Käseralpe auf 1400m sind wir schlagartig im Massentourismusbergland angekommen. Die Alpe und der nebenan gelegene Stuibenfall (mit ca. 25 m Fallhöhe der größte Wasserfall im Oberstdorfer Gemeindegebiet) ist über eine 10 km lange Teer- und Schotterstraße von Oberstdorf leicht zu erreichen und entsprechend ein wahrer Pilgerort für Sonntagsausflügler oder Radler. Wir müssen uns, nach zwei Tagen in denen wir eher wenig Menschen in den Bergen begegnet sind, erst wieder an die Massen gewöhnen und auch die Teerstraße ist ein ungewohnter Untergrund unter den Füßen. Zum Glück gibt es auf halber Strecke zurück am Oytalhaus die Möglichkeit "Bergroller" zu leihen, welche man in Oberstdorf wieder abgibt. Mit ordentlich Schwung flitzen wir somit zurück ins Tal und aus der vermeindlich langweiligen Teerstraße wird eine spritzige Abfahrt.
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[...] Wie lassen das erste Tal sowie den ersten Pass hinter uns und endlich ziehen ein paar Wolken am Himmel auf. Zumindest ich freue mich über zwei positive Effekte der Wolkendecke, macht sie doch den nächsten Anstieg erträglicher und zudem bildet sie eine Art natürlichen Diffusor für das Licht, was den Bildern zu Gute kommen wird. Die letzten Tage waren zum Großteil von blauem Himmel und einer strahlenden Sonne geprägt, welche für spannende Bilder eher wenig zu bieten hatte. Willkommen war das unerwartet schöne Wetter dennoch und im hohen Norden braun zu werden hat schließlich auch seinen Reiz. Das mit dem braun werden funktionierte sogar so gut, dass wir uns mehrmals täglich mit Sonnencreme einschmieren mussten um nicht mit einem Sonnenbrand bestraft zu werden. Es ist die Zeit um Midsommar und die Nordsonne scheint den ganzen Tag. Nur in einem Zeitfenster von ca. 24:00 Uhr bis 4:00 Uhr herrscht Dämmerlicht. So richtig dunkel wird es nie. Insgesamt ist das Klima Lapplands sehr unterschiedlich und reicht von gemäßigten Temperaturen in maritim durch den Golfstrom geprägten Bereichen, bis zu subpolaren Bedingungen in den Fjällgebieten und Tundren der nördlichsten Regionen. Uns bot sich im Norden Schwedens wie schon erwähnt ein außergewöhnlich schönes Wetter mit Temperaturen die oftmals über der 20 Grad Marke lagen, was jedoch nicht heißt, dass wir nicht auch von Schnee- und Hagelschauern bedacht wurden. So erlebt man teils im Stundentakt einen Wechsel der Jahreszeiten von hochsommerlichen 30 Grad hin zu einem kalten Herbstwind mit Hagel und in der nächsten Stunde schwitzt man auch schon wieder unter einer strahlenden Sonne. Das daraus resultierende Umziehspiel - Kleidung an, Kleidung ab, Fleece drunter, Fleece wieder aus, Regenjacke drüber, Regenjacke weg, Regenjacke schnell wieder drüber - diesmal allerdings wegen den Mücken, Sonnencreme ins Gesicht und Sonnenhut auf, Hut gegen Wintermütze ersetzen und Handschuhe an die Finger, alles wieder ab, ach sch... die Mücken kommen wieder...) ist ein amüsantes Spiel das man den ganzen Tag über spielt. Wer zu dieser Jahreszeit nach Lappland reist muss für alle Jahreszeiten eine passende Bekleidung im Rucksack dabei haben. Dank des warmen Wetters war auch der Sprung in manchen See oder Gebirgsbach gut möglich. Diese sind zwar reichlich kalt, da sie vorwiegend durch Schmelzwasser gespeist sind, aber Körperpflege ist bei mehreren Tagen in der Wildniss unerlässlich. Die Bäche Lapplands sind glasklar und stellen uns auch das Trinkwasser zur Verfügung, welches hier ohne weitere Filterung bedenkenlos getrunken werden kann. Für den täglichen Trinkwasserbedarf war somit eine Flasche von 1-1.5 l völlig ausreichend, da es immer wieder gute Nachfüllmöglichkeiten an Bächen gibt. Wenn Lapplands Fjäll etwas im Überfluss hat, dann ist es neben Steinen das Wasser. Eine zweite (leere) Flasche pro Person ist dennoch empfehlenswert um gegen Ende des Tages bei Lagerung abseits eines Flusses ggf. ausreichend Wasser zum Kochen, Spülen und Waschen auffüllen zu können. Wer als Durstiger seine Flasche in das klare Wasser des Gebirgsbaches hällt, dem fällt an manchem Eck vielleicht auch die schöne Zeichnung manches von Flechten bewachsenen Steines auf: Neben dem Wasser und Essen ist die dritte zentrale Komponente eines jeden Tages ein guter Platz für die Nacht. Hier kommt einem das "Allemansrätten" sehr zu Gunste. Das Jedermannsrechte räumt allen Schweden und ausländischen Besuchern große Freiheiten ein, sich in der Natur zu bewegen. So ist es u.a. erlaubt überall im Fjäll zu zelten, Feuer zu machen oder Beeren zu pflücken (das gilt allerdings nicht für den finnischen Teil Lapplands; dort darf die Moltebeere nur von Einheimischen gepflückt werden). Das Jedermannsrecht, dessen Wurzeln bis weit ins Mittelalter zurückreichen, ist nicht in schriftlicher Form festgehalten, sondern ein uraltes Gewohnheitsrecht der Bevölkerung - ein lex non scripta. Die Grenzen des Erlaubten sind in anderen Gesetzen festgelegt (Jagdrecht, Strafgesetz etc.). Mit den großzügigen Rechten sind entsprechende Pflichten verbunden. Es darf kein Schaden an Eigentum oder der Natur angerichtet werden. Im Sommer müssen Felder unter Nutzung von Wegen durchquert werden. Werden Tore oder Gatter geöffnet, so müssen diese unmittelbar nach dem Passieren wieder geschlossen werden, damit z. B. kein Vieh entlaufen kann. Der Bereich um ein Wohnhaus, die sogenannte Hausfriedenszone, darf nicht durchquert werden. Ob das Privatgrundstück umzäunt ist oder nicht, spielt hierbei keine Rolle. Wild wachsende Beeren, Pilze und herabgefallene Zweige dürfen für den persönlichen Bedarf gepflückt bzw. gesammelt werden. In Schweden umfasst das Jedermannsrecht allerdings nicht das Recht zum Fischen. Mit wenigen Ausnahmen ist für alle Gewässer eine Erlaubnis in Form der "fiskekort" also einer Angelkarte erforderlich. Diese Angelscheine gelten nur für einen bestimmten Zeitraum und in bestimmten Regionen. Man kauft sie daher am besten direkt vor Ort bei Touristeninformationen, Sportgeschäften oder Kiosken. Wir erhalten unsere Fiskekort an der letzten Tankstelle. Auf unkultiviertem Land ein Lagerfeuer anzuzünden ist prinzipiell erlaubt und so wärmt uns jeden Abend ein Feuer vor unseren Zelten. Es dürfen zwar keine Äste, Zweige oder Rinde von lebenden Bäumen abgesägt oder abgebrochen werden, aber auf dem Boden liegendes Totholz ist reichlich vorhanden. Teilweiße finden sich ganze Birkenstämme, die wir mit einem Beil in passende Stücke zerlegen. Das Jedermannsrecht ist ein gutes Beispiel wie auch ohne strikte Regelungen und mit vielen Freiheiten ein bewusster und besonner Umgang mit der Natur stattfindet. Es sind alle Freiheiten möglich um das Abenteuer Wildniss leben zu können und mit der Grundregel "Nicht stören und nichts zerstören" wird dies auch für künftige Generationen möglich sein. Ist Lappland also ein Ferienparadies? Diese Frage wird man sicherlich nicht pauschal beantworten können und hängt stark mit den eigenen Lebensansprüchen zusammen. Die grandiosen Landschaften wollen meist hart erarbeitet werden mit weiten Strecken die zurückgelegt werden müssen und leicht passiert es, dass einem das Nordwetter einen Strich durch die Rechnung macht. Ein Faktor der in dieser Region jedoch noch schwerer wiegt sind die Moskitos. Die Mücken vermehren sich in den Sumpfgebieten prächtig und man ist gut beraten eine Strategie gegen die kleinen Plagegeister zu entwickeln. Meist kommt diese in Form verschiedenster Mückensprays und anderer Repellents daher. Als Chemiker interessierte ich mich natürlich besonders für den Inhalt dieser "Wundermittelchen". Der Wirkstoff ist zumeist Diethyltoluamid DEET in verschiedenen Konzentrationen z.B. 30% in "Anti Brumm", 50% in "Nobite" und die schwedischen Mittelchen enthalten teils noch höhere Konzentrationen. DEET blockiert den Duftrezeptor bestimmter Insekten, so dass diese menschliche Duftstoffe nicht mehr wahrnehmen können, womit die Parasiten orientierungslos werden. Die Vielzahl der Mücken dreht daher beim Anflug auf die Haut einfach wieder ab. Es werden bis zu 8 Stunden effektiver Schutz angepriesen. DEET ist das Amid der 3-Methylbenzoesäure und dem Diethylamin. Die Verbindung reizt Augen und Schleimhäute und ist zudem schädliche für Wasserorganismen (gewässergefährdend), sollte also eigentlich nicht in die Umwelt gelangen, wo es auch nur schlecht abbaubar ist. DEET ist damit ein gutes Beispiel wie sich der Naturgedanke des Outdoorhypes mit der Realität zahlreicher Mittel, Imprägnierungen und anderer gängigen Materialien wiederspricht. Bei oraler Aufnahme ist DEET gesundheitsschädlich und es geht eine akute oder chronische Gesundheitsgefahr aus. Verschlucken wird man es nicht, doch durch Schweiß landet der Stoff schnell auf den Lippen und danach im Mund, genauso wie beim Essen des Müsliriegels mit den Händen. Eines der potentiellen Abbauprodukte ist das Diethylamin, welches als giftig klassifiziert ist. Man sollte es mit dem Gebrauch derartiger Mittel daher nicht übertreiben und auch das Einsprühen der Funktionskleidung sollte man lieber lassen, da DEET mit seinem lipophilen Charakter die gute Imprägnierung und Membran der Kleidung zerstört. Die oberen Mückenbilder geben ein gutes Bild wie der Alltag im Fjäll aussieht. Ich wollte die Chance unter diesen extremen Bedingungen nutzen und ganz auf derartige Mittel verzichten. Doch als leichte Beute wollte ich mich nicht abfinden. Was hilft also gegen die Plagegeister, wenn es kein Mückenspray sein soll? Natürlich hilft es dort hin zu gehen wo es keine Mücken gibt. Klingt erst einmal banal, ist aber ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Lagerplatz, an welchem man zwangweiße die längste Zeit verbringt. Während die Sümpfe und Wälder im Tal wahre Mückentempel sind, waren die Lagen oberhalb der Baumgrenze fast Mücken-freie Zonen. Die schönere Aussicht hat man von Oben inklusive. Ähnlich verhällt es sich mit einem Lagerfeuer. Es gibt dem Abend nicht nur Flair, sondern vertreibt auch die ein oder andere Mücke. Je mehr Qualm umso besser! Während der Wanderung macht es Sinn möglichst immer in Bewegung zu sein, denn solange man Läuft setzten sich die Mücken auch nicht ab. Eine Rast lässt sich dann einlegen, sobald man ein Fleckchen mit weniger Mücken gefunden hat. Der meiner Erfahrung nach beste Schutz vor Mücken ist eine gute, stichfeste Bekleidung. Das bedeutet lange Kleidung aus dickem Stoff. Ein dünnes Merinowollehemd schützt nicht, ein dickeres Polyesterhemd dagegen schon. Durch eine Doppellage kommt keine Mücke mehr hindurch. Oftmals hatte ich meine Regenjacke trotz Sonnenschein angezogen, einfach als einen hocheffizienten Mückenschutz. Dank hoher Atmungsaktivität kommt man selbst während des Laufens nicht ins große Schwitzen (das ist der Punkt, wo sich die klaren Vorteile hochwertigster Funktionsbekleidung zeigen). Wer auf diese Weise unterwegs ist kommt zum einen mit weniger Mücken in Kontakt und muss zum anderen lediglich auf die Hände und das Gesicht Acht geben. Am Ende der Tour hatte ich in Summe lediglich 6 Stiche gesammelt, während meine, das Insektenspray nutzenden Mitstreiter deutlich über dieser Zahl lagen. Vielleicht ist der beste Schutz auch einfach Reisegefährten zu haben, die den Mücken offenbar deutlich besser schmecken ;-) Mit ihren zahlreichen Mücken haben die Wälder einen kleinen Wehrmutstropfen, doch die gedrungenen Birkenwälder habe dennoch ihren Charm und so ist man schnell von all dem Grün und der knorrigen Form der Birken verzaubert. Hier in der nördlichen borealen Nadelwaldzone kommen neben den Birken auch noch Kiefern und Fichten vor. Wegen der harschen klimatischen Bedingungen ist die Vegetation eher karg und das Wachstum der Pflanzen langsam. Die Bäume Lapplands erreichen ihre Hiebreife erst in einem Alter von etwa 100 Jahren. Im Unterholz wachsen meist Blaubeersträucher oder Flechten. Im Norden Lapplands und in höheren Lagen wachsen nur noch Birken. Die Baumgrenze des Birkenwalds liegt bei 300 bis 600 Metern, darüber herrscht eine Tundra-artige Vegetation mit Flechten, Moosen, Gräsern und Zwergsträuchern vor. Mit dem Überschreiten dieser Linie steigt im Sommer die Chance deutlich einen der tierischen Bewohner Lapplands zu finden - das Rentier. Beim Überqueren eines jeden Bergkammes und beim Wandern um jede Kurve hoffe ich darauf eine Herde dieser besonderen Nordtiere vor mir stehen zu haben. Bereits am ersten Tag haben wir eine große Herde sichten können, jedoch in unerreichbarer Entfernung. Nun sind wir wieder eine ganze Weile unterwegs und nichts regt sich in der kargen Landschaft. Wir beginnen den nächsten Anstieg und kurz bevor wir die Bergkuppe erreichen, kommt plötzlich eine Rentiermutter mit ihrem Jungen über den Kamm gelaufen. Sie beäugt uns kurz und setzt danach ruhig ihren Weg fort, bei dem sie sich langsam wieder von uns entfernt. Einen Versuch noch näher heran zu kommen unternehme ich erst gar nicht. Sie hat uns gesehen und wird ihren Abstand halten. Weiter heran kommen, wie durch die zufällige Nähe des glücklichen Momentes, werde ich an die Beiden sicherlich nicht. Mit einem Lächeln auf den Lippen freue ich mich über das tolle Erlebnis. Was ich in diesem Moment noch nicht weiß: Es würde sogar noch eine zweite Begegnung kommen die mich noch viel näher heran bringt. Eine große Hoffnung auf Rentierbilder hatte ich mir nicht gemacht, da ich mit einer maximalen Brennweite von 120mm am Vollformat weit entfernt von klassischen Brennweiten für die Tierfotografie lag. Ein langes Teleobjektiv auf die tagelange Wanderung mitzunehmen war ausgeschlossen und somit hatte ich mich voll auf Landschaftsfotografie eingestellt. Die erste Begegnung mit der Rentiermutter und ihrem Jungen war bereits ein wahrer Glücksfall und in der Situation noch ein Bild zu schießen ebenfalls. Der weitere Weg führt uns die nächsten zwei Tage eher durch Talgebiete, womit die Chance Rentiere zu sehen sowieso nahe Null liegen, da sich die Tiere im Sommer quasi nur in den Bergen aufhalten. Doch dann geht es auf unserer Strecke noch einmal merklich bergauf und wir kommen erneut in die höheren Bergregionen Lapplands. Dort werden wir von einem kräftigen Hagelschauer begrüßt der uns dicke Eisklumpen vom Himmel entgegenschleudert. Doch wie schon berichtet, folgt auf ein Unwetter schnell wieder Sonnenschein und diesmal stehen im dunstigen Fjäll erneut zwei Rentiere am Bergkamm. Diesmal ist es keine Überraschungsbegegnung, sondern wir sehen die Tiere rechtzeitig. Jetzt oder nie! Ich lege meinen Wanderrucksack ab und pirsche mich langsam den Hang hinauf. Ausreichend große Steine geben Deckung und damit gelingt es mir den beiden Tieren beträchtlich näher zu kommen. Hinter einem der größeren nahen Steine bleibe ich liegen und kann bereits einige passable Bilder machen. Es bleibt sogar Zeit für kreative Spielereien. So ganz unbemerkt sind wir aber natürlich nicht geblieben und so haben die beiden uns erkannt bzw. vor allem meine vier Mitstreiter die in großem Abstand zurückgeblieben sind, allerdings ohne sich hinter einem Stein zu verstecken. Einer der beiden Rentiere ist neugierig und möchte offensichtlich genauer sehen wer da unten an seinem Berg steht. Er nähert sich langsam und ich sehe wie seine Aufmerksamkeit der Gruppe viele Meter unterhalb von mir gillt. Er hat mich nicht im Blick wie ich jetzt keine hundert Meter mehr von ihm entfernt im nassen Gras liege. Der feuchte Duft des Regenschauers liegt mir in der Nase, das nasse Moos hat meine Hose durchfeuchtet und das Rentier kommt immer noch neugierig Schritt für Schritt näher. 80 Meter, 70 Meter, 60 Meter, ich frage mich wie lange das Ren noch näher kommt bevor es mich entdeckt und ob es nun wirklich so nahe an mir steht wie es sich anfühlt. Die Kamera ist bereits verstummt, denn in Höhrweite bin ich jetzt definitiv. Und dann ist es soweit, das Rentier steht beinahe schon vor mir und nimmt mich (vermutlich über den Geruch) war. Sofort hällt es inne und schaut nun eisern in meine Richtung als ob es durch den Stein hindurchsehen könne. Verstecken spielen ist nun vorbei, ich bin gefunden und rolle mit dem Auslöser am Finger sachte ein Stück hinter dem Stein hervor. Ein Bild, noch ein Bild und noch eines. Dann ist alles vorbei und das Rentier beendet unsere kurze aber außergewöhnliche Shootingsession, indem es wieder seinen gewohnten Abstand einnimmt und einige Meter von mir davon läuft. Noch einmal bleibt es stehen blickt zurück und macht sich danach samt Kollegen in sicherer Entfernung gemächlich in die Gegenrichtung auf. Beide sind nach kürzester Zeit wieder hinter dem nächsten Bergkamm verschwunden. Mit seiner Weite, dem Licht des hohen Nordens und der besonderen Tierwelt kann Lappland verzaubern. Die Einsamkeit in seiner rauen und kargen Landschaft lässt einen die eigene Winzigkeit auf der Erde spüren. Als Wanderer in dieser Welt ist man verwundbar und verletzlich, ganz den Naturgewalten ausgeliefert. Und doch ist man mit allem ausgestattet um die Schönheit dieses Fleckchens Erde genießen und wertschätzen zu können. Wer sich darauf einlässt wird mit besonderen Momenten belohnt, wenn plötzlich ein voller Regenbogen das Gebirge überspannt, das Licht der Mitternachtssonne die Berge zum Glühen bringt oder ein stolzes Rentier auf dem Bergkamm steht. Zum Abschluss gibt es neben einem Bild unseres starken Teams noch ein paar abschließende Impressionen aus Lappland, die hoffentlich Lust auf eine eigene Reise dorthin wecken. Lasst Euch nicht von den Mücken unterkriegen ;) Die Sonne geht unter, richtig dunkel wird es dennoch nicht. Kaum ist die Sonne untergegangen, geht sie auch schon wieder auf. Mit dem Reisen ist das ähnlich. Nach der Reise ist vor der Reise und kaum sitze ich im Auto auf meinem Rückweg, gehen bereits die ersten Gedanken für die nächste Tour durch den Kopf :) Dieses Jahr fiel die Entscheidung für das Reiseziel meiner Sommerreise sehr spontan: So erzählte mir meine Cousine Anfang des Jahres von ihrem Plan gerne einmal einen Outdoor-Urlaub unternehmen zu wollen, wobei die Reise nach schwedisch Lappland und Norwegen gehen sollte. Seit meinem Trip durch Island war ich vom "Nordland-Fieber" infiziert und besonders eine Reise nach Norwegen stand schon lange auf der Wunschliste. Offensichtlich war meine Begeisterung für die Region deutlich zu spüren - bereits am folgenden Tag fragte meine Cousine, ob ich mich nicht der Reise anschließen wolle, ein freier Platz wäre noch im Auto und mit meiner Outdoorerfahrung wäre ich ein super Mitglied im team. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch eher auf einen Trip in den Süden eingestellt, führten doch alle direkt vorrangegangenen Reisen bereits in kalte Regionen und erste Ideen für einen weiteren Trip nach Afrika waren schon gesteckt. Nachdem diese jedoch eher vage waren und die Sehnsucht für den hohen Norden wieder stark brannte, komplementierte ich bereits kurze Zeit später unsere fünfköpfige Skandinaviengruppe. Unser Hauptziel: schwedisch Lappland. Was man über Lappland wissen sollte: Lappland ist kein eigenes Land, sondern eine Landschaft im nördlich des Polarkreises gelegenen Skandinavien und im weitesten Sinne durch das Siedlungsgebiet der Sámi (Samen) , dem indigenen Volk Lapplands, begrenzt (siehe Bereich blauer Einfärbung der Länderkarte). Natürlich leben in diesem Territorium nicht ausschließlich die "Ureinwohner Skandinaviens" sondern das Gebiet hat eine Bevölkerung von knapp 2.5 Mio Einwohnern von denen nur rund 70.000 Samen sind. Größtenteils leben die Menschen in den Städten, womit Lappland mit einer Einwohnerdichte von rund 2 Einwohnern pro km² zu größten Teilen menschenleer ist. In einem erstarkenden Nationalbewusstsein haben die Sámi seit 1986 sogar ihre eigene Flagge, welche heute immer häufiger zu sehen ist. Die Samen sind jedoch nur eine Minderheit der Bevölkerung, deren Anteil ca. 4% ausmacht. Ebenfalls wissenswert: Die wohl bekannteste kulturelle Errungenschaft der Samen ist der Ski, der von ihnen bereits vor 4.500 Jahren benutzt wurde! Mit dem Auto geht es in einer 31 Stündigen Autofahrt von Ulm aus in das rund 2500 km weiter nördlich gelegene Örtchen Hemavan, von wo aus wir in den nächsten Tagen mit Zelt und autarger Verpflegung durch das Fjäll wandern werden. Bei dieser glacial geprägten Landschaftsform Skandinaviens handelt es sich um einen Hochgebirgstyp mit Bergen und weitläufigen Hochflächen oberhalb der Nadelwaldgrenze, also um eine Bergtundra. In den Tälern dominiert hingegen Feuchtland mit Mooren, zahlreichen Seen und gedrungenem Birkenwald. Was benötigt man für so eine Reise an Ausrüstung? Was nimmt man an Verpflegung für eine volle Woche im Niemandsland mit? Das sind die wichtigsten Fragen die vor Beginn der Wanderung geklärt sein müssen. Die zentralen Komponenten der Ausrüstung sind ganz klar eine hochwertige Fjäll-taugliche Bekleidung, also neben der Funktionsunterwäsche noch feste Wanderschuhe, lange Kleidung aus dickem Material (als Schutz gegen Dornen und Mücken), eine wärmende Komponente (Fleece oder Daunenjacke) sowie ein gutes Hardshell gegen Wind und Regen. Ein hochwertiges Zelt bietet im potentiell rauen Nordklima verlässlichen Schutz bei starkem Wind und peitschendem Regen. Bei der Frage welches Essen mitkommt gab es ebenfalls keine Kompromisse - natürlich musste diese möglichst energieintensiv sein, aber die Tütennahrung der Outdoorausrüster kam aus geschmacklichen Gründen nicht in Frage, den wir wollten schließlich eine Verpflegung die man dem Gaumen zumuten kann. Und so verteilten wir nach genauer Kalkulation knapp 5 kg Nudeln, 5 kg Müsli mit Trockenmilchpulver, 3 kg Brot (zur Hälfte Knäckebrot), 1 kg Couscous, 2 kg Linsen und ein knappes Kilo vorgegarten Reis als Kohlehydratspender auf unsere Schultern. Mit 250 g Butter, 1 kg Fleisch, 4 Packungen Kiri Frischkäse, 500 g Käse sowie 10 Eiern, 10 Äpfeln, einer Tube Tomatenmark und 250 g Parmesan als "Luxusgüter" für die ersten Tage. Den langfristigeren Aufstrich bildeten Erdnussbutter, Schockocreme und Marmelade und die Hauptmahlzeiten wurden durch selbst getrocknetes Gemüse, Pesto und Gewürze ergänzt. Rund 1 kg Schockolade als Muntermacher durften natürlich nicht fehlen. Als Highlight kamen noch selbst gemachte Nussriegel, selbst hergestelltes Pemikan und selbst produziertes Biltong (luftgetrocknetes Fleisch) das wir in einem eigens dafür gebauten Trockenschrank herstellten, dazu. Das hört sich in Summe nach viel Essen und einem Leben in Völlerei an, aber die Rationen gingen am Ende nach einer knappen Woche wie berechnet sehr gut auf. Wer den ganzen Tag mit schwerem Gepäck draußen unterwegs ist, der verbrennt einige Kalorien mehr wie auf dem Bürostuhl! Wenn der Wanderrucksack am Ende mit 24 kg das selbst gesteckte Oberlimit erreicht hatte mit dem ich starten wollte, so war das primär nicht den "Luxus"-Lebensmitteln geschuldet, sondern wohl eher der Kameraausrüstung, bei der neben dem Nikon AF-S 24-120mm 1:4G ED VR Zoom Objektiv noch ein Ultraweitwinkel sowie das Reisestativ mit durften. Immerhin würde der Rucksack mit jedem Tag leichter werden und sich die Schultern mit der Zeit an die Extra-Belastung gewöhnen. Bereits am ersten Tag gewinnen wir gut an Höhe und kommen den Bergen deutlich näher. In Finnland werden diese, für die Region typischen Erhebungen, als tunturi bezeichnet. Es handelt sich bei ihnen um runde Inselberge, die sich aus der ansonsten flachen Umgebung erheben und die durch die Gletschermassen in der Eiszeit abgeschliffen wurden. Die Berge in Finnisch-Lappland erreichen Höhen zwischen 400 und 800 Metern, wobei die oberen Bereiche über der Baumgrenze liegen. Berge, die nicht die Baumgrenze erreichen, werden dagegen meist als vaara bezeichnet. Die Wegführung entlang dem "nördlichen Kungsleden", auf dessen Wegen wir uns bewegen, ist gut ausgebaut. Der Kungsleden (schwedisch für „der Königspfad“) ist ein Fernwanderweg und teilt sich in einen südlichen Abschnitt von Sälen bis Storlien (350 km) und den nördlichen Teil von Hemavan bis nach Abisko (440 km). Er wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts begründet um die Naturlandschaften Lapplands zu erschließen und die wachsende Begeisterung für die nordschwedische Natur zu unterstützen. Allmählich wurde der Weg ausgebaut und heute ist es sogar möglich weite Abschnitte mit Übernachtungen auf Wanderhütten zu laufen, weshalb sich der Kungsleden zu einem beliebten Wandertrail entwickelt hat, der während den Sommermonaten von vielen Schweden bewandert wird. Der Weg ist markiert und mit Brücken versehen. Die Wegmarkierungen für Wandernde zu Fuß bestehen aus roten Ringen. Die Sommer- und Wintermarkierungen sind so platziert, dass man von einer beliebigen Markierung die nächste Markierung sehen und darauf zusteuern kann. Der Sommerwanderweg kreuzt an einigen Stellen einen See. Diese muss man dann entweder per vorhandenem Ruderboot selbst überqueren oder man nutzt die allerdings nur während der Hauptsaison angebotenen Bootsservice, welcher durch einheimische Samen organisiert wird. Obwohl gut ausgebaut, kann der Weg bei anhaltendem Regenwetter schwierig werden. Manche Teilstücke des Kungsleden sind daher wegen des sumpfigen Untergrunds mit Holzplanken ausgelegt. Die Saison für Sommerwanderungen beginnt erst mit Midsommar und so waren nun Ende Juni/ Anfang Juli noch zahlreiche Schneefelder vorhanden und der Boden an vielen Stellen morastig, was jedoch den Vorteil einer fast menschenleeren Landschaft mit sich brachte in der wir jeden Tag nur zwei oder drei anderen tollkühnen Wandergruppen begegneten. Belohnt wurden wir dafür mit wunderbaren Landschaften und einer Einsamkeit in der Wildniss, welche zur Hochsaison auf dem Kungsleden nicht mehr selbstverständlich wäre, da dieser Trail unter Wanderern immer beliebter wird. Eine weitere Belohnung kam mit dem Wetter, welches sich von seiner schönsten Seite präsentierte und uns meist einen sonnebeschienen Blick auf die weiten Landschaften eröffnete. Doch dazu dann mehr im zweiten Teil dieses Reiseberichtes...
In den Schweizer Alpen nahe Locarno und dem Lago Maggiore gelegen, versteckt sich das idyllische Tal "Valle Verzasca" im Schweizer Kanton Ticino. Es erstreckt sich über 25 km und beheimatet einige kleine Bergdörfer, von denen Lavertezzo sicherlich das bekannteste ist. Hier finden sich besonders prächtig marmorierte Steine im Flussbett, das von kristallklarem Wasser durchströmt wird. Genau das war es auch, was mich in diesem Frühjahr dort hin führte. Ein Wochenende Flussfotografie gepaart mit Relaxen unter der südländischen Sonne. Einer der schönsten Stellen im Tal findet sich rund um das kleine Dörfchen Lavertezzo, welches bereits seit dem 13. Jahrhundert existiert. In den warmen Sommermonaten lebten die Menschen hier mit ihren Tieren und gingen dann während den kalten Wintermonaten in tiefer gelegenere Täler hinab. Die römisch-katholische Kirche "Madonna degli Angeli" wurde erst im 18. Jahrhundert errichtet, als Lavertezzo, welches formals zu Vogorno gehörte, eine eigene unabhängige Gemeinde wurde. Von der alten Steinbrücke aus dem 17. Jahrhundert kann man nicht nur gut die Kirche mit dem Tal im Vordergrund fotografieren, sondern auch hinab in die Verzasca springen, wodurch die Brücke einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Das gesamte Tal ist von der Verzasca geprägt und diese zieht nicht nur Fotografen wie mich, sondern auch Touristen, Sonnenbader und Kajakfahrer an. Am Verzasca Damm, der den Stausee "Lago di Vogorno" am Eingang des Tals aufstaut, wurde der Bungee Sprung im James Bond Klassiker GoldenEye gedreht und man kann sich dort selbst als sterblicher Tourist mit dem Seil in die Tiefe stürtzen. Für mich stand jedoch die faszinierende Welt voller Details entlang des Flusses auf dem Programm, für deren Dokumentation man am besten ein Macroobjektiv nutzt. In diesem Fall hatte ich vorwiegend das AF-S VR Micro-Nikkor 105mm f/2.8G IF-ED im Einsatz. Für die Fotografie des fließenden Wassers ist es sinnvoll die Verschlusszeit der Kamera zu variieren. Oftmals erreicht man mit etwas längeren Belichtungszeiten bessere Ergebnisse. Je länger belichtet wird umso "weicher" wirkt das Wasser und bei der Belichtung von einer oder mehr Minuten werden auch reißende Ströme cremig weich gezeichnet. Im Falle der kleinen Wasserfälle und Stromschnellen der Verzasca, gefielen mir aber eher moderate Zeiten besser, die noch etwas Struktur des Wassers übrig lassen. Licht und Wasser schafft manchmal ein besonderes Schauspiel beim Blick durch den Sucher: Abschließend noch ein paar weitere Impressionen der Tour, die zeigen wie vielfälltig eine Reise ins Valle Verzasca sein kann.
"Ach, diese ewig grünen Bäume, warum können sie nicht einmal blau sein…" Gotthold Ephraim Lessing (1729 - 1781) deutscher Schriftsteller, Kritiker und Philosoph der Aufklärung In zahllosen Sprichworten und Aphorismen haben sich die Dichter und Denker unserer Zeit den Wäldern gewidmet. Kein Wunder, ist der Wald doch ein Ort der all unsere Sinne besonders anspricht. Vom Rascheln der Blätter und Singen der Vögel, dem Geruch von Holz und Pilzen oder den Farben des Laubes von zartem Frühjahrsgrün bis zum goldenen Herbstrot streichelt er unsere Seele. Lessings Forderung nach mehr Farbenpracht im Wald ist ein interessanter Wunsch und man mag hoffen, dass er auch ohne blaue Bäume den Wald mit staunenden Augen genießen konnte. Hätte er gewusst, dass es einen Ort auf dieser Welt gibt, der seiner Wunschvorstellung schon sehr nahe kommt, so wäre anstatt seines lapidaren Satzes sicherlich ein zauberhaftes Gedicht gestanden. Er hätte den Hallerbos thematisieren müssen. Dieser kleine Buchenwald, mit seinem klingenden Namen, liegt im Herzen Belgiens nahe dem flämischen Halle und ist gerade einmal eine halbe Stunde Autofahrt von der Landeshauptstadt Brüssel entfernt. Im Frühling, zur Zeit wenn auch die Buchen ihr junges Laub austreiben, recken dort rieisge Teppiche von Hasenglöckchen ihre Blütenkelche zum Himmel und verwandeln beinahe den ganzen Wald (Fläche von ca. 550 ha) in ein blaues Blütenmeer. Gerade mit etwas Sonnenlicht der auf- oder untergehenden Sonne entstehen überall zauberhafte Licht- und Farbspiele, die jedoch genauso schnell wieder vergehen, wie sie gekommen sind. Es ist also ein wenig Eile gefragt um den Moment auf den Sensor zu bannen. Ein besonders schöner Moment war z.B. ein einzelnder Lichtstrahl, welcher sich Abends kurz vor Sonnenuntergang seinen Weg zwischen den dicken Stämmen der Buchen gesucht hat und dabei genau einen, der immer wieder zwischen den Hasenglöckchen wachsenden Farne ansschien. Keine halbe Minute, nachdem das Bild gemacht war, stand der Farn auch schon wieder im Dunkel und die ganze Magie war verflogen. Wie schon anfangs geschrieben, der Wald inspirierte die Menschen seit je her, und der Hallerbos ist ein Wald, welcher einen Fotografen ganz besonders inspirieren kann. Abstraktere Bilder bieten sich förmlich an und der Blick auf das Kameradisplay mündet oft in genüsslichem Staunen über die blau-grüne Farbexplosion und macht Lust auf mehr Spielereien. Zu guter Letzt sind auch die Hasenglöckchen selber es wert im Detail betrachtet zu werden. Ein Macro- oder macrofähiges Objektiv ist daher Pflichtprogramm im Fotorucksack. Wer genau hinsieht und sucht, der kann an manchen Stellen sogar "Albinos" finden. Wer mehr als einen Tag im Hallerbos verbringt, der wird mit abwechslungsreichen Bildern belohnt und so durfte ich einige besondere Momente in seinem Schatten erleben. Nach etlichen Stunden in denen ich vor, neben, unter oder über blauen Blumen gekniet bin kam dann am Ende doch kurzzeitig der Gedanke: "Ach, diese ewig blauen Blumen, warum können sie nicht einmal rot sein…"
Ein kaum vorhandener Winter sowie der schlagartige Frühlingsbeginn mit Temperaturen um die 20-Grad Marke haben die Frühblüher dieses Jahr allesamt sehr zeitig aus der Erde geweckt. Bei den Küchenschellen konnte ich den Zeitpunkt besonders gut erwischen und war vor Ort, als die ersten Pflanzen gerade aus dem Boden kamen. Die vergangenen Tage bei besten Wetter ermöglichten mir somit optimale fotografische Bedingungen um mich näher mit dieser schönen heimischen Pflanze aus der Familie der Hahnenfußgewächse zu befassen. Die gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris), wie sie auch genannt wird ist vor allem an kalkhaltigen Magerböden anzutreffen. Meine Exemplare konnte ich in der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz sowie der Schwäbischen Alb auffinden. Generell ist die Küchenschelle in West- und Mitteleuropa heimisch, allerdings mit zunehmendem Rückgang ihrer Bestände. Die Ursache für die Gefährdung ist vor allem ihr hoher Anspruch an den Lebensraum. So wächst die gewöhnliche Kuhschelle vor allem an lichten Kieferwäldern und benötigt Magerrasen in sonniger, warmer Hanglage. Aus diesem Grund kommt sie in sommerkühlen Landschaften überhaupt nicht vor und verschwindet unter dem Konkurrenzdruck anderer Pflanzen sehr schnell. Der Einsatz von Düngemitteln hat ebenso zum Rückgang von Magerrasen und damit der Kuhschellen geführt, wie gebietsweise die Aufgabe der Viehwirtschaft mit anschließender Umwandlung von Weideland in Ackerflächen. Zudem sind klimatisch wärmebegünstigte Gegenden, in denen die Kuhschelle vorkommt, oft dicht besiedelt. Das hat zu weiteren Lebensraumverlusten durch den Bau von Siedlungen und Verkehrsflächen auf landwirtschaftlich unrentablen Flächen geführt. Um Küchenschellen in ihrem Vorkommen zu sichern, darf der Boden ihres Standortes nicht gedüngt werden und es muss regelmäßig aufkommender Bewuchs im Herbst ausgeschnitten werden. Wächst die Fläche erst einmal mit kleinen Sträuchern zu, so stirbt die Küchenschelle an diesem Ort schnell aus. Alle Pflanzenteile der Gewöhnlichen Kuhschelle sind giftig da sie das sogenannte Protoanemonin enthällt. Dieses Lacton enthalten alle Hahnenfußgewächse, also z.B. auch der Eisenhut, Herbstanemonen, Akelein, die Sumpfdotterblume oder der Rittersporn. Es wird an Verletzungen der Pflanze frei gesetzt und reizt die Haut und Schleimhäute und führt in starken Fällen zu Blasenbildung, Verätzungen und Entzündung der betroffenen Hautstellen. Bei Verzehr von Pflanzenteilen kann es zur Reizung der Nieren, Magen- und Darmbeschwerden und Lähmungen des Zentralnervensystems kommen. Bei Zufuhr von leteralen Dosen kann man sogar in Folge von Kreislauf- und Atemlähmung sterben. Wird die Küchenschelle getrocknet so wandelt sich das Protoanemonin durch einen Dimerisierungsprozess in das weniger giftige Anemonin um. Als Frühblüher sind die Küchenschellen oftmals auch kurzzeitigen Kälteeinbrüchen ausgesetzt. Zum Glück hat die Natur effektive Mechanismen entwickelt um die Pflanze vor dem Erfrieren zu schützen, so dass die Küschenschelle auch einen kleinen Schneefall verkraften kann (um zu erfahren wie die Küchenschelle das macht, schaut einfach noch den Blogeintrag "Frühblüher" an). Zum Abschluss noch ein paar weitere Impressionen der Küchenschelle/Kuhschelle, primär im Gegenlicht und bei Sonnenschein, da das Wetter der vergangenen Woche fast außnahmslos Sonne parat hatte :)
Mächtig und erhaben liegt er vor mir, der Vatnajökull - Islands größter Gletscher und zugleich der größte Gletscher Europas. Tief blau leuchtet sein Gletschereis und an vielen Stellen ist es durchzogen von schwarzer Asche vergangener Vulkaneruptionen. Übersetzt heißt Vatnajökull so viel wie "Wassergletscher". Wer an den Ausläufern dieses Naturkunstwerks steht, dem erschließt sich seine Bedeutung relativ schnell anhand von unzähligen Bächen die dem Eis entspringen, sowie zahlreichen Gletscherspalten die mit kristallklarem Wasser gefüllt sind. In der Zeit der Schneeschmelze läuft ein beständiger Wasserstrom dem Eispanzer herunter. Weich wird das alte Eis vom Wasser umschlängelt, beständig und unaufhaltsam von ihm zerfressen. Somit bilden sich Kanäle, unterirdische Gänge und Rinnen die durch Verschiebungen der Eismassen einbrechen oder aufgeworfen werden - der Gletscher wird permanent neu geformt und erhällt immer wieder ein anderes Gesicht. Das Wasser sucht sich den Weg des geringesten Widerstandes und bohrt sich zum Teil metertief in das Gletscherinnere. Man hört es beständig glucksen und gurgeln, hier plätschert es leise und dort rauscht es in einer Spalte. So bildet es kleine Rinsale und Flüsschen direkt unterhalb der obersten Eisschicht oder ganze Seen und Wasserströme im Inneren. Aus diesem Grund ist der Gletscher einer ständigen Veränderung unterzogen, die es nicht ungefährlich macht sich auf diesem Eismoloch zu bewegen. Wo heute noch eine sichere Eisplatte liegt, steht man bald schon auf dünnem Eis. Um hier sicher voran zu kommen, bedarf es passender Ausrüstung und Erfahrung im Durchwandern eines solchen Territoriums. Der wichtigste Begleiter ist neben den sichernden Kameraden und den Steigeisen der Eispickel, der in dieser Welt aus Eis zu einem wichtigen Allroundwerkzeug wird. Insgesamt sind ca. 11% von Island mit Gletschern bedeckt. Egal ob man entlang der Ringstraße unterwegs ist oder sich auf eine der beiden Hochlandpisten begibt - an einem der Gletscher (isländisch: "jökull") wird man immer vorbei kommen. Das Landschaftsbild ist wesentlich durch die Gletscher geprägt. Sei es direkt durch riesige Eisfelder, welche man in den flachen Tal- und Küstenebenen bereits aus Kilometer weiter Entfernung im Licht strahlen sieht, den Wassermassen die durch die Gletscher in der Schneeschmelze frei gesetzt werden und weite Landstriche unter Wasser setzten können oder Folgeerscheinungen wie den Sandern, Schwemmgebiete die vor allem durch die Gletscher und deren Flüsse mit Sedimenten gefüllt werden. Ein besonderes Naturschauspiel ist die Eruption von unter den Gletschern gelegenen Vulkanen. Als 1996 der Vulkan Grimsvötn ausbrach, wurden schlagartig gewaltige Eis- und Wassermassen unter dem Gletscher frei die sich gen Meer walzten. Fast alle auf dem Weg befindlichen Brücken und weite Teile der Ringstrasse wurden völlig zerstört. Am meisten Berühmtheit in der Welt außerhalb Islands hat jedoch der Eyjafjallajökull erlangt. Nicht nur wegen seines schwer auszusprechenden Namen, an dem sich sogar die Tagesschausprecher die Zunge ausbissen, sondern vor allem wegen der Eruption des gleichnamigen Vulkans, dessen Aschewolke den europäischen Flugverkehr 2010 lahm legte. Zusammen mit dem Myrdalsjökull und dem zentralen Hochland bildet er eine Wetterscheide. Im Süden existieren, durch einen Ausläufer des Golfstroms bedingt, wärmere ozeanische Luftströmungen, während im Norden kältere und trockenere polare Luftmassen vorherrschen. An den Südhängen treten daher sehr starke Niederschläge auf. Weitere große Gletscher sind der Langjökull im mittleren Westen 100 km von Reykjavik gelegen, der zentral gelegene Hofsjökull sowie der nördliche Drangajökull. Der Öraefajökull bildet als südlichster Gletscher auf dem Kegelvulkan am Rande des Vatnajökull die Ostgrenze des Skeitharasandur. Fotografisch zieht die landschaftliche Szenerie der Gletscher schnell in ihren Bann und man findet nach jeder Kurve und hinter jedem Eisberg neue Formen und Skulpturen die Eis und Wasser geformt haben oder wird schier überwältigt von der weiten Eiswüste mit ihren teils tief blauen Farben. Die blaue Farbe des Gletschereises wird fälschlicherweiße oft durch die Rayleigh-Streuung erklärt. Sie ist jedoch eine Folge der Absorption der roten Wellenlängenbereiche des Lichtspektrums infolge von Schwingungsabsorptionen (ganz genau handelt es sich um Obertöne der O-H Streckschwingung die im Eis durch Wasserstoffbrückenbindungen zu größeren Wellenlängen verschoben sind). Da das Gletschereis durch die Schneelast stark komprimiert wurde, hat es homogene Kristalle, frei von Lufteinschlüssen gebildet, so dass einfallendes Licht den Eiskristall tief durchstrahlen kann ohne an der Oberfläche bereits gestreut zu werden. Somit ist der Ursprung der blauen Farbe kein anderer wie bei der blauen Farbe des Wassers auch. Einzigartig in der Natur ist die Tatsache, dass es sich hierbei um ein Farbphänomen handelt, dass durch Schwingungsanregung der Wassermoleküle verursacht wird und nicht durch elektronische Anregungen. Mit dem Hintergrundwissen ein einzigartiges Naturphänomen zu sehen, kann man beim Betrachten der blauen Pracht noch ehrfürchtiger in der gefrorenen Zauberwelt stehen. Wie lange dies noch auf Island möglich ist, das weiß wohl kein Forscher so ganz genau. Bekannt ist, dass die Klimaerwärmung der letzten Jahre die isländischen Gletscher ziemlich schnell abschmelzen lässt. Laut dem Geologen Erik Sturkell haben die Gletscher Islands seit 1890 bis 2011 bereits über 300 km³ an Eis verloren und dem Gletscherrückgang kann man Jahr für Jahr sehr deutlich sehen. Um die Veränderung auch mit konkreten Daten zu erfassen werden die Gletscher von den Mitgliedern der isländischen Gletschergesellschaft u.a. mittels GPS-Technologie überwacht und Wetterdaten aufgezeichnet. Wer auf den Gletschern Islands unterwegs war, der sieht sehr deutlich was Klimawandel bedeutet und wie empfindlich und zerbrechlich die größten Schätze unseres Planeten sind. Die vergängliche Schönheit des blauen Eises verlasse ich nachdenklich und tief berührt.
Wieder einmal war schlechtes Wetter gemeldet und als ich letztes Wochenende aufwachte und aus dem Fenster schaute, sah ich auch, dass der Wetterdienst damit absolut richtig lag. Um dem grauen Nass ein Schnippchen zu schlagen fuhr ich daher in den Süden zum schönen Lindau am Bodensee, für das der Wetterdienst immerhin keinen Regen prophezeit hatte. Die Stadt Lindau liegt am östlichen Ufer des Sees im Dreiländereck. Das besondere ist ihr historischer Stadtteil der auf einer kleinen Insel im Bodensee liegt, samt kleinem Hafen und zahlreichen alten Gebäuden. Die Einfahrt zum Hafen wird auf der einen Seite von einem 6 Meter hohen bayrischen Löwen aus Marmor bewacht. Auf der anderen Seite ist sie begrenzt vom neuen Leuchtturm, der 1856 dort errichtet wurde. Beide sind sehr fotogene Objekte, für die das sonnige Mittagslicht jedoch noch etwas zu hart war. Dafür kamen die leicht mit Schnee bedeckten nahen Hügel im Mittagslicht relativ gut zur Geltung so dass ich sie durch den seitlichen Standpunkt und leichtem Tele mit einbezog. Im Abendlicht der untergehenden Sonne, die den Horizont samt Alpenpanorama in ein rötliches Licht tauchte, ließen sich noch einmal stimmungsvolle Aufnahmen machen. In diesem Fall waren die weiter entfernten Berge der Alpen deutlich spannender als die nun im Grau des Abends versinkende Hügelkette die noch am Mittag den besseren Hintergrund gegeben hatte. So lässt sich an diesem Beispiel sehr schön sehen, wie verschieden ein und das selbe Objekt in unterschiedlichem Licht wirkt und dass es sich daher zumeist lohnt an unterschiedlichen Tageszeiten zu fotografieren und die Bildkomposition immer den Bedingungen anzupassen. Ist die Sonne erst einmal völlig verschwunden und hat sich die Nacht über Lindau gelegt so sind die zahlreichen Gassen des Inselkerns noch einmal einen Abstecher wert. Ein wenig fühlt man sich dort als wäre man in einer der Mittelmeerstädte Frankreichs oder Italiens unterwegs. Ein Vorteil des nasskalten Winters: man hat die Straßen bei Nacht quasi für sich alleine um ungestört fotografieren zu können. Um jetzt noch gestochen scharfe Bilder machen zu können ist ein gutes Stativ Pflicht. Und auch bei Nacht lohnt es sich, dem altbekanntem Leuchtturm noch einmal einen Besuch abzustatten... Insgesamt hat Lindau also neben dem touristischen Wert und seinen schönen Geschäften auch einiges fotografisch zu bieten, so dass man ruhig einen vollen Tag dort verbringen kann, ohne dass es auf der kleinen Insel im Bodensee langweilig werden würde.
Herbst "O du wunderschöner Herbst, Wie du die Blätter golden färbst, Deiner reinen Luft so klar und still, Noch einmal ich mich freuen will." [...] - Theodor Fontane - Eigentlich ist es keine große Überraschung, dass der Herbst in vielen Gedichten und Liedern thematisiert wird, ist er doch die Jahreszeit in welcher sich unser Umfeld, die Natur, am stärksten verändert. Für die Naturfotografie bedeutet der Herbst Hochsaison, in welcher man kaum hinterher kommt die Fülle an Motiven die sich nun bieten, zu fotografieren. Für die Tierwelt steht der Herbst vor allem im Zeichen der Vorbereitungen auf die dunkle Jahreszeit. Wer sich nun nicht in wärmere Gefilde aufmacht und in den Süden zieht, der braucht eine gute Vorbereitung um den kalten Winter zu überstehen. Zum Glück ist der Herbst eine Zeit des Überflusses in der sich die Tiere Reserven für die kommenden Strapazen bereitlegen können. So wird nun ein möglichst dickes Fettpolster angelegt oder Nahrung für schlechte Zeiten versteckt. Am augenfälligsten zeigt sich der Herbst durch sein buntes Farbenkleid. Von grellem gelb über kaminrot und zartem orange färbt sich das Laub der Bäume. In allen Farbnuancen leuchtet nun der Laubwald und wird in den Mischwäldern zusätzlich mit zahlreichen Grüntönen der Nadelbäume gespickt. Die Farben oder besser gesagt die Farbstoffe waren jedoch schon die ganze Zeit über in den Blättern enthalten. So enthalten auch die im Sommer grünen Blätter eine vielfältige Mischung an Farbstoffen. Darunter Xanthophylle (gelb), Carotinoide (orange und rot), Cyanidin (rot) und natürlich das grüne Chlorophyll (blaugrünes und gelbgrünes Chlorophyll a und b mischen zu grün). Je nach Mischungsverhältnis zeigt das Blatt unterschiedliche Farbnauncen. Am dominantesten ist jedoch das Chlorophyll, da es oftmals am meisten vorhanden ist und zudem einen der intensivsten Farbstoffe im Blatt darstellt, weshalb die Vielzahl der Blätter zunächst einmal grün ist. Sinken im Herbst nun die Temperaturen sowie die Sonneneinstrahlung, lohnt sich die Photosynthese für viele Pflanzen nicht mehr. Die bereits genannten Farbstoffe, als Sensoren für das Licht, werden nun nicht mehr gebraucht. Die weniger stabilen Chlorophylle werden enzymatisch abgebaut und das darin enthaltene Magnesium im Wurzelbereich gelagert. Die roten Carotinoide und die gelben Xanthophylle bleiben zunächst erhalten, womit das vormals grüne Blatt nun gelb-rot aussieht. Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass die primär gebildeten Abbauprodukte des Chlorophylls selber rot gefärbt sind und somit zur intensiven Blattfärbung beitragen. Soweit ein kleiner Exkurs in die Chemie des Herbstlaubes. Für den Fotografen ist das Resultat dieses faszinierenden chemischen Prozesses in den Blättern der Bäume eine Farbexplosion im Wald. Wie ich den Laubwald auch fotografierte, auf den Bildern die mir das Display meiner Kamera anzeigte, kam mir die Farbfülle im Wald noch nicht ausreichend im Bild herrüber. Und somit habe ich begonnen zu abstrahieren, mit den Farben des Waldes zu spielen, um mit der Kamera doch noch die Farbexplosion des Herbstes in Bilder fassen zu können. Abschließend noch ein paar weitere (zum Teil nicht minder abstrakte) Bilder. Alle Aufnahmen wurden direkt in der Kamera mit verschiedenen Objektiven und Techniken erzeugt ohne weitere Verfremdung in der Nachbearbeitung. Am Rechner wurde lediglich der Kontrast verändert. Zwei Erkenntnise habe ich nach diesem Herbstlaubprojekt. Zum einen war ich wieder einmal begeistert, wie viele künstlerische Möglichkeiten rein mit der Kamera, ohne Photoshop-Nachbearbeitung, möglich sind. Wie ein Maler habe ich mich dieses Jahr im Herbstwald gefühlt, der ganz nach Gusto mit Form und Farbe experimentierte. Als zweite Erkenntnis aus dem spielerischen Umgang mit der Fotografie, folgte die Auffassung, dass sich manchmal durch Abstraktion der bessere Zugang zur Wirklichkeit finden lässt. Jedenfalls für mich können die Bilder so besser meine Gefühle wiedergeben die ich beim Durchwandern des Herbstwaldes habe - eine Explosion der Farben die mich staunen, wundern und träumen lässt.
In der Fotografie bieten sich verschiedene Möglichkeiten abstrakte Bilder zu komponieren, die über die bloße Abbildung eines Motivs hinausgehen und einen eher künstlerischen Ansatz haben. Für die Umsetzung solcher Fotografien, die direkt mit der Kamera und ohne weitere Verfremdung durch Nachbearbeitung am Comuter entstehen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Dies fängt mit dem Spiel der Belichtungsparamter Zeit und Blende an und setzt sich fort über Kamerabewegungen während der Aufnahme oder den Einsatz von speziellen Objektiven und Kameratechnologien.
Nachdem diese Bilder durch ihren abstrahierenden Charakter nicht so recht in die Kategorien Landschaft/Pflanzen/Tiere passen, werden sie künftig in einer eigenen Kategorie unter "Atelier Natur" ihren Platz finden. |